Schneewittchen und das Baureferat

Das Ende der Neunziger lag längst hinter uns und der Enthusiasmus der Jahrtausendwende war verblasst.

Ich hatte mein Architekturstudium an der Technischen Universität München abgeschlossen und die Buffalo Plateaus zusammen mit den knappen Hüftjeans auf dem Speicher verstaut.

Trotzdem wollte ich mit Ende Zwanzig nicht in den schwarzen Rollkragenpulli der Architektengilde schlüpfen.

Die kreative Energie meines Studiums verpuffte im staubigen Alltag der Büros mit lästigen Haftungensandrohungen und langweiligen staatlichen Vorgaben.

Und ich wollte mich einfach nicht so recht dafür begeistern, als Architektin mit dem Bauamt zu streiten.

Stattdessen überraschten mein Mann und ich unsere Eltern mit der Idee ein Café mit Conzept Store zu eröffnen.

Ehrlicherweise hatten wir nicht ganz bedacht, daß wir uns auch dafür mit dem Baureferat auseinandersetzen müssten. Und so lernten wir allerlei darüber, wie wichtig Größe und Abstand von Markierungs-Punkten im Alltag sind.

Wir wurden darauf aufmerksam gemacht, daß Gäste und Mitarbeiter sich gerne eine Toilette  teilen dürfen - was jedoch ein abruptes Ende findet, sobald Alkohol ausgeschenkt wird. Bei Kaffee oder Saftschorle scheint interessanterweise kein Problem beim gemeinsamen Klobesuch zu entstehen.

Wir machten Bekanntschaft mit der „Luft-Steuer“ (wer schon mal ein Ladenschild anbringen wollte, weiß, daß wir nicht scherzen).

Und wir erfuhren, daß, was wir bisher für eine heiße Schoki gehalten hatten, strenggenommen ein „kakaohaltiges Milchgetränk“ ist.

Letztendlich schien das Amt aber nichts von unseren Ressentiments zu wissen und genehmigte unser Vorhaben freundlich.

So wurde das Schneewittchen am Glockenbach  fünfzehn Jahre lang für uns und viele andere ein glücklicher Ort, den wir gemeinsam erschaffen hatten.

Heute ist er liebevolle Erinnerung - eineinhalb Jahrzehnte kleine schneeweiße Welt, aus der wir die liebsten Menschen behalten durften und die schönsten Geschichten festhalten.

Was wir außerdem mitnehmen konnten ist ein ganz eigener Blick darauf, was es heißt, sich als Gast zu fühlen - in einer Stadt, einem Hotel, einem Geschäft, einem Restaurant oder natürlich einem Café.

Wenn wir Freude am Gastgebersein und Liebe zu Qualität und Nachhaltigkeit spüren, wird es für uns spannend.

Im Bumblebee Magazine zeigen wir Euch ab jetzt unsere Lieblingsorte durch unsere Augen und freuen uns, wenn wir Euch und uns damit eine neue kleine Welt eröffnen können.

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